Bahnwärter Thiel Zusammenfassung

 
Mit seiner Novelle "Bahnwärter Thiel" von 1888 schuf Gerhard Hauptmann eines der bedeutendsten Stücke des Naturalismus. Die Geschichte eines Mannes, der nach dem Tod seiner geliebten Frau eine Vernunftehe eingeht und dadurch in einem Strudel aus Selbstvorwürfen und Unterwerfung landet, bewegt die Menschen auch heute noch und könnte durchaus auch in der Gegenwart spielen.

Thiel ist seinem äußeren Erscheinungsbild nach das, was man wohl einen "ganzen Kerl" nennen würde
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. Er ist groß und stämmig. Seine erste Frau Minna dagegen ist blass, kränklich und scheint so gar nicht zu ihm zu passen. Aber sie ist seine große Liebe, bei ihr kann er auch sein sensibler Inneres zeigen.

Minnas Tod bei der Geburt ist ein Schicksalsschlag für Thiel, von dem er sich nie erholen wird. Zwar geht er mit Lene eine zweite Ehe ein, die Gründe sind aber rein vernunftbasiert. Zum einen gesellschaftliche Zwänge, da die Öffentlichkeit erwartet, dass Thiel mit seinem Sohn nicht alleine bleibt. Zum anderen ist Thiel darauf angewiesen, dass sich Lene um Tobias kümmert, zum anderen gerät er auch in eine körperliche, sexuelle Abhängigkeit von ihr.

Zwar scheint die ehemalige Kuhmagd mit ihrer stämmigen Figur viel besser zu Thiel zu passen als Minna, im Laufe der Zeit wird sie ihm jedoch immer verhasster. Sie kann seinen geliebten Tobias nicht leiden, mit der Geburt eines gemeinsamen Sohnes beginnt sie sogar ihn zu misshandeln. Der starke Thiel schafft es nicht, ihr entgegenzutreten. Je mehr Lene die Führungsrolle übernimmt, umso mehr gerät Thiel in einen Strudel aus Abhängigkeit, Wehrlosigkeit und Schuldgefühlen. Er beginnt sogar krankhaft von Minna zu fantasieren, sieht immer wieder Erscheinungen von ihr. Bereits an diesem Punkt der Novelle ist klar, dass das Familienleben der Thiels kein gutes Ende nehmen kann, dass es früher oder später zu einem weiteren Unglück kommen muss. Und tatsächlich nimmt das Schicksal schon sehr schnell seinen Lauf. Thiel bekommt ein Grundstück neben seinem Bahnhäuschen zugeteilt und Lene beschließt drauf Kartoffeln anzubauen.

Für eine Familie mit geringem Einkommen eine vernünftige und nachzuvollziehende Entscheidung. Thiel aber verliert dadurch seine letzte Rückzugsmöglichkeit. Sein Bahnhäuschen ist eine Art Altar für Minna. Häufig sitzt er dort in ein Foto von ihr vertieft, liest aus der Bibel, singt und spricht schließlich mit ihr. Dass Lene nun in diese zweite Welt, den einzigen Ort, wo er mit seiner großen Liebe zusammen sein kann, eindringt, passt ihm gar nicht. Aber wieder einmal schafft er es nicht, sich gegen Lene durchzusetzten.

Das Tobias während der Arbeit bei ihm ist, gefällt Thiel, er genießt die Bewunderung seines Sohnes. Allerdings weigert sich Lene, auf Tobias aufzupassen, während Thiel arbeiten muss. So befindet sich der unbeaufsichtigte Junge auf den Gleisen, als sich ein Schnellzug nähert. Tobias wird erfasst und schwer verletzt. Der Zug bringt ihn und Lene zur nächsten Station, doch schon bald kehrt Lene mit Tobias Leichnam zu Thiel ins Bahnwärterhäuschen zurück. Vor Kummer und Schmerz bricht Thiel bewusstlos zusammen. Die Familie wird nach Hause gebracht. Als Helfer am nächsten Morgen nach dem Rechten sehen wollen, finden sie Lene und den Säugling mit durchgeschnittenen Kehlen. Thiel finden sie wenig später an der Unglücksstelle auf den Schienen sitzend, in der Hand Tobias Mütze, die er unablässig streichelt. Er wird verhaftet und schließlich in die Nervenklinik eingewiesen.

Die tragische Geschichte des Bahnwärter Thiel nimmt so ein noch tragischeres Ende. Typisch für die Zeit des Naturalismus ist dabei die starke Symbolik, in deren Mittelpunkt die Eisenbahn steht. Zur damaligen Zeit hatten viele Menschen vor den neuen technologischen Entwicklungen nicht nur jede Menge Respekt, sondern regelrecht Angst. Selbst Thiel sieht in ihnen immer wieder teufelsähnliche, unheilvolle Gefährte.

Und auch sein eigenes Leben verläuft wie auf Schienen, ohne eine Chance auszubrechen oder schlimmeres zu verhindern. Er kann den Tod seiner ersten Frau nicht verwinden, fügt sich in eine zweite Ehe, der er eigentlich nie wollte und die von Anfang an aus Abhängigkeit besteht. So stark er auch körperlich ist, psychisch ist er krank und schwach. Der Ärger über sich selbst, dass er sich nicht gegen Lene durchsetzen, ja noch nicht einmal ihre Misshandlungen an Tobias verhindern kann, lösen bei ihm zum einen starke Schuldgefühle, gleichzeitig aber auch immer größer werdenden Hass aus. Als Lene dann schließlich durch ihre Unachtsamkeit Tobias Tod verursacht, gibt es Für Thiel keine andere Möglichkeit als sie und auch den gemeinsamen Sohn im Wahn zu töten.

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